Türkische Streitkräfte

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Türkische Flagge Türkische Streitkräfte
Türk Silahlı Kuvvetleri
Logo
Führung
Oberbefehlshaber: Staatspräsident (im Frieden) (derzeit: Recep Tayyip Erdogan);
Generalstabschef (im Kriegsfall) (derzeit: Necdet Özel)
Verteidigungsminister: İsmet Yılmaz
Militärischer Befehlshaber: Necdet Özel
Militärische Führung: Generalstab der Türkei
Sitz des Hauptquartiers: Genelkurmay Başkanlığı (Ankara)
Militärische Stärke
Aktive Soldaten: 718.500[1] (Stand Januar 2014)
Reservisten: 185.630 [2]
Wehrpflicht: 15 Monate[3]
Wehrtaugliche Bevölkerung: 35.005.326[4]
Wehrtauglichkeitsalter: 20. Lebensjahr
Haushalt
Militärbudget: 18,2 Milliarden US-Dollar (2013)[5]
Anteil am Bruttoinlandsprodukt: ca. 2,3 % (2012)[6]
Geschichte
Gründung: 1923

Die Türkischen Streitkräfte (TSK, türkisch: Türk Silahlı Kuvvetleri) umfassen die militärischen Organisationen Heer, Marine und die Luftwaffe. Sie genießen in weiten Teilen der türkischen Bevölkerung hohes Ansehen[7] und verfügen über 718.500 aktive Soldaten (Stand Januar 2014). Die Republik Türkei ist seit 1952 Mitglied der NATO und unterhält innerhalb der NATO die zweitgrößte Anzahl an aktiven Soldaten nach den USA.

Auftrag

Die TSK haben laut der türkischen Verfassung den Auftrag, auf Sicherheitsprobleme angemessen zu reagieren, auf Krisen vorbereitet zu sein und bei internen und externen Bedrohungen und Risiken die Sicherheit des Landes jederzeit zu gewährleisten.

 

Kommandostruktur

Türkischer Wachsoldat im Dienst.

 

Der Oberbefehl über die türkischen Streitkräfte liegt beim Generalstabschef. Dieser wird vom Staatspräsidenten ernannt und ist dem Ministerpräsidenten gegenüber verantwortlich. Am 4. August 2011 wurde der bisherige Gendarmeriechef Necdet Özel von Staatspräsident Abdullah Gül zum Generalstabschef ernannt. Er war schon am 29. Juli 2011 kommissarisch ernannt worden, nachdem die gesamte bisherige Militärführung infolge eines Streits mit der Regierung über die Beförderung inhaftierter Offiziere zurückgetreten war. Darunter befand sich auch der bisherige Generalstabschef Işık Koşaner

 

In Friedenszeiten unterstehen Gendarmerie und Küstenwache dem Innenministerium der Türkei, werden im Kriegsfall aber dem Heereskommando bzw. dem Marinekommando unterstellt.

Wehrdienst

Der Wehr- bzw. sogenannte Vaterlandsdienst ist laut Art. 72 der türkischen Verfassung in Verbindung mit Art. 1 des Gesetzes Nr. 1111 über den Wehrdienst Recht und insbesondere Pflicht jedes männlichen Staatsbürgers.

Nach Art. 2 des Gesetzes Nr. 1111 über den Wehrdienst beginnt die Wehrpflicht am 1. Januar des Jahres, in dem das 20. Lebensjahr vollendet wird. Die Wehrpflicht endet mit Beginn des Jahres, in dem der Wehrpflichtige das 41. Lebensjahr vollendet. Geschwister bzw. Kinder von im Dienst getöteten Soldaten sind nicht wehrpflichtig.

Seit dem 15. Juli 2003 dauert der reguläre Militärdienst für Soldaten (er) 15 Monate, für Reserveoffiziersanwärter (yedek subay adayı) 12 Monate und für Kurzzeitsoldaten (kısa dönem er) sechs Monate

 

Im Jahr 2007 betrug der Anteil von freiwillig dienenden Frauen 3,1 Prozent.

Für türkische Staatsbürger, die sich länger als drei Jahre (1095 Tage) im Ausland befinden und dort auch berufstätig sind, besteht die Möglichkeit, den Militärdienst durch eine einmalige Zahlung auf insgesamt 21 Tage[11]militärische Grundausbildung zu verkürzen. Für Personen unter 38 Jahren beläuft sich der Betrag auf 5112 Euro, für Personen über 38 Jahren sind es 7668 Euro

 

Durch die gesetzliche Neuregelung vom 1. Januar 2012 werden sie komplett vom Wehrdienst befreit, wenn sie – unabhängig von ihrem Alter – im Gegenzug eine Zahlung von 10.000 Euro leisten

 

Militärbudget

Jagd-U-Boot-Klasse 214.Die Klasse 214 wurde mit einem außenluftunabhängigen, auf Brennstoffzellen basierenden Antriebssystem versehen. Die U-Boote der Klasse 214 sind damit die leisesten konventionellen U-Boote der Welt. Die Türkei hat sechs Einheiten erworben.

 

Für das Jahr 2012 stand den Streitkräften ein Budget von etwa 18,2 Milliarden US-Dollar zur Verfügung. Die Türkei setzt bei ihren Waffensystemen zunehmend auf heimische Entwicklung und Produktion. So werden unter anderem Marschflugkörper, Panzerhaubitzen, Fregatten, Korvetten, Kampfhubschrauber und Kampfpanzer in Eigenregie und zum Teil in Lizenz produziert. Zudem gab die Türkei in den letzten Jahren hohe Summen für Kriegsgerät aus. Haupthandelspartner dabei war die Bundesrepublik Deutschland. Die Türkei kaufte 354[14] Kampfpanzer des Typs Leopard 2 und bestellte zudem sechs Einheiten der U-Boot-Klasse 214. Hauptgrund dafür ist aus türkischer Sicht eine potentielle Bedrohung der Türkei durch Griechenland. Griechenland befindet sich in einer schweren wirtschaftlichen Krise, fühlt sich jedoch wiederum mit seinen 124.000 Soldaten von der 720.000 Soldaten starken Armee der Türkei bedroht.

Die Militärausgaben[15] zwischen 2003 und 2012:

Militärbudget
  TurkeiTürkei Türkei GriechenlandGriechenland Griechenland
Jahr in Mrd. US-Dollar in %/BIP in Mrd. US-Dollar in %/BIP
2012 000000000018184.000000000018.184  2,3 % 000000000006972.00000000006.972  2,5 %
2011 000000000017906.000000000017.906  2,3 % 000000000006709.00000000006.709  2,2 %
2010 000000000017690.000000000017.690  2,4 % 000000000008869.00000000008.869  2,7 %
2009 000000000017275.000000000017.275  2,6 % 000000000011455.000000000011.455  3,3 %
2008 000000000016119.000000000016.119  2,3 % 000000000010995.000000000010.995  3,1 %
2007 000000000015924.000000000015.924  2,3 % 000000000009891.00000000009.891  2,8 %
2006 000000000016511.000000000016.511  2,5 % 000000000009898.00000000009.898  2,9 %
2005 000000000015799.000000000015.799  2,5 % 000000000009520.00000000009.520  2,9 %
2004 000000000016689.000000000016.689  2,8 % 000000000008804.00000000008.804  2,7 %
2003 000000000018287.000000000018.287  3,4 % 000000000008008.00000000008.008  2,6 %

 

Teilstreitkräfte

Landstreitkräfte

Logo der türkischen Armee
Der K2 Black Panther gillt als teuerster Panzer der Welt.[16]Der Altay wird als modifizierte Variante des K2 Black Panther in Lizenz produziert.[17]

 

Das türkische Heer (TKK, türkisch: Türk Kara Kuvvetleri) ist mit 399.200 Mann und 429.700 Reservisten die größte Teilstreitkraft und gliedert sich wie folgt:

Die Truppen sind ausgerüstet mit 3657[4] Kampfpanzern der Typen M-48, dem alten M-60, dem neueren Sabra MARK III, Leopard 1 und dem hochmodernen Leopard 2. Bald sollen modernste Altay-Panzer in das Inventar der Streitkräfte aufgenommen werden. Hinzu kommen 8532[4] Schützenpanzer: AIFV, AAPC, AMW oder ATV und ältere M-113 sowie der modernere K-21, Radpanzer (unter anderem BTR-60 und BTR-80) sowie Pars-Panzer. Die Streitkräfte verfügen außerdem über 646[4] MLRS und 2152[4] Geschütze, unter anderem T-155 Panter und die Panzerhaubitze T-155 Fırtına . Zudem unterhält die TSK Kampfhubschrauber der Typen Cobra und Super Cobra sowie Transporthubschrauber, überwiegend Sikorsky Black Hawk, Bell UH-1 und Eurocopter AS-532UL Cougar. Eine mechanisierte Infanteriedivision ist einem multinationalen NATO-Kommando unterstellt.

Nach dem Kauf von 354[18] hochmodernen Leopard2A4 im Jahre 2007 entschied sich die Türkei dafür, zur Beschaffung der weiteren geplanten Kampfpanzer den südkoreanischen K2 Black Panther in Lizenz modifiziert zu fertigen. Das Projekt läuft unter dem Namen Altay MBT und es sind vorerst 250 Stück geplant.

Die türkische Firma TAI (Turkish Aerospace Industries) entwickelte in Kooperation mit ASELSAN und der italienischen Firma AgustaWestland den Kampfhubschrauber TAI T-129 Atak (Advanced Attack and Tactical Reconnaissance Helicopter) für das türkische Heer.Im Frühjahr 2014 wurden die ersten drei Maschinen feierlich übergeben.

Die türkischen Streitkräfte führen zwei Mal im Jahr große Manöver durch, im Sommer das Efes-Manöver und im Winter das Sarıkamış-Manöver. Für das Sarıkamış-Manöver ist die 3. Armee zuständig.

Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug F-35. Die Türkei bestellte 100 F-35A.
 

Luftstreitkräfte

Logo der Luftstreitkräfte der Türkei

Die türkischen Luftstreitkräfte (türkisch Hava Kuvvetleri) wurden 1911 als Unterstützungstruppe innerhalb der Landstreitkräfte gegründet und am 31. Januar 1944 eigenständig.[19] Sie sind mit 60.100 Mann die zweitgrößte Teilstreitkraft. Sie verfügen über zwei taktische Luftkommandos in Eskişehir und Diyarbakır, ein Trainingskommando und ein Unterstützungskommando. Das Hauptquartier befindet sich in Ankara.

 
 

Marine

Logo der türkischen Marine
Die Fregatte TCG Gaziantep der Gabya-Klasse

 

Die Marine ist in vier Kommandos eingeteilt, die seit dem großen Erdbeben bei Gölcük/Izmit im August 1999 ihr Hauptquartier in Izmir haben. Die Marine hat eine Stärke von 52.700 Mann. Sie verfügt über moderne bzw. modernisierte Fregatten, Korvetten, U-Boote (sowohl in Deutschland als auch mit deutscher Lizenz in der Türkei gebaute Typ 209/1200, 1400, U-214), meist moderne Schnellboote (Rüzgar-, Kılıç-I-, Kılıç-II- Yıldız-, Doğan-, Kartal-Klasse), Minensuch- bzw. -jagdboote, amphibische Landungsschiffe und Patrouillenboote. Die türkischen Marineflieger verfügen über Flugzeuge verschiedener Typen (CASA CN 235D/K, ATR72 ASW sowie TB-20-Ausbildungsflugzeuge) und Hubschrauber (Agusta Bell AB-212 und Sikorsky S-70 Sea Hawk).[20]

Im September 2011 nahm die Marine die erste eigenständig entwickelte Tarnkappenkorvette TCG Heybeliada (F-511) der Milgem-Klasse in Dienst. 2012 wurde das zweite Schiff TCG Büyükada (F-512) in Dienst gestellt.[21]

Die Sedef-Werft baut den ersten Hubschrauberträger für die Türkische Marine basierend auf der spanischen Juan Carlos I (L-61).

 

Gendarmerie

Logo der Gendarmerie

Die 203.100 Mann starke Gendarmerie[22] (Jandarma) ist neben ihren Aufgaben als Militärische Polizei auch für innere Sicherheit, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Strafverfolgung und Grenzschutz, insbesondere in den ländlichen Regionen zuständig. Sie ist jedoch in Friedenszeiten dem Innenministerium unterstellt und nicht direkt dem Militär.

Küstenwache

 

Die türkische Küstenwache (Türk Sahil Güvenlik Komutanlığı) umfasst 5563 Mann.[22] Sie ist in vier Kommandos eingeteilt (Schwarzes Meer, Marmarameer, Ägäis und Mittelmeer). Sie war von 1982 bis 1995 der Gendarmerie unterstellt, seit 1995 dem türkischen Innenministerium. Zu ihrer Ausrüstung gehören Schnellboote und Küstenschutzboote sowie Hubschrauber.

Spezialeinheiten

Türkische Elitesoldaten des Deniz-Komandos

 

Neben den fünf regulären Teilstreitkräften verfügt das türkische Militär über mehrere Spezialkräfte, die allesamt dem ÖKK (Özel Kuvvetler Komutanlığı; dt.: Oberkommando der Spezialkräfte), ehemals ÖHD (Özel Harp Dairesi; Abteilung für Besondere Kriegsführung), unterstellt sind. Die Spezialkräfte bestehen ausschließlich aus Offizieren und Unteroffizieren, die eine gesonderte Ausbildung durchlaufen. Hierzu gehören folgende Spezialeinheiten:

  • Bordo Bereliler: Die Bordo bereliler (dt. bordeauxrote Barettträger) haben Korps-Status (zuvor Brigade und Division) und gelten als die Eliteeinheit zu Land.
  • Deniz-Komando: Die SAT (Su Altı Taarruz; dt. Unterwasser-Offensive) und SAS (Su Altı Savunma; dt. Unterwasser-Abwehr) sind als Kampftaucher-Einheiten im Deniz-Komando zusammengefasst. Sie gelten als die Eliteeinheiten der türkischen Marine. Die Mitglieder bestehen ausschließlich aus Marineoffizieren (Astsubay). Ihre Aufgabenbereiche liegen in der amphibischen Spionage, Sabotage und Befreiung. Ein bekannter Einsatz war 1996 bei der sogenannten Kardak-Krise.

Militärpolizei

Für die Aufrechterhaltung der Sicherheit innerhalb des Militärs, die Bewachung von Offizieren in Kriegszeiten und die Verfolgung von Fahnenflüchtigen ist die türkische Militärpolizei Askeriye İnzibat zuständig. Sie bildet keine Teilstruktur des Militärs und hat daher lediglich eine einheitliche Uniform. Das wichtigste Erkennungsmerkmal der türkischen Militärpolizei ist die Aufschrift „AS.İZ“ (für Askeriye İnzibat) auf einer roten Armbinde und auf dem Helm. Zur türkischen Militärpolizei werden nur ausgewählte Soldaten berufen. Es ist nicht möglich, durch das Losverfahren (wie bei den Teilstreitkräften) zum Dienst bei der Militärpolizei beordert zu werden.

Medizinisches Personal

Medizinisches Personal und Ärzte für die türkischen Streitkräfte werden von der Gülhane Askerî Tıp Akademisi (Militärische Medizinakademie Gülhane) ausgebildet und zur Verfügung gestellt. Die Akademie ist außerdem die wichtigste Beraterin der türkischen Streitkräfte in medizinischen Fragen

 

Kernwaffen

Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrages.

 

Die türkischen Streitkräfte können im Rahmen der nuklearen Teilhabe-Strategie der NATO mit US-Sprengköpfen nuklear bewaffnet werden. In der Türkei werden einsatzfähige Atomsprengköpfe am NATO-Stützpunkt Incirlik Air Base unter Kontrolle der USAF dafür bereitgehalten.[24] Die Türkei unterzeichnete freiwillig den Atomwaffensperrvertrag, dennoch darf die Türkei laut Artikel X bei nationalen Interessen von diesem Vertrag zurückzutreten. In einem Geheimdienstbericht des BND wird berichtet, dass Ankara längst an Nuklearwaffen arbeitet. Die Regierung in Ankara hat stets betont, dass sie keine Atomwaffen anstrebe und auch keine Atomwaffen in der Region wolle. Die Nuklearbewaffnung Israels und das fortgeschrittene Atomprogramm des Iran ließen der Türkei jedoch keine Wahl. Das militärstrategische Gleichgewicht in der Region würde so gegen den Nato-Partner Türkei sprechen. Im Mai unterschrieb Tokio einen Vertrag, im dem sich Japan zur Lieferung eines Atomkraftwerks samt dazugehöriger Technologie an die Türkei verpflichtet.[25][26] Laut Vertrag ist auf Drängen der türkischen Seite eine Passage aufgenommen worden, wonach die Türkei das Recht erhielte, verbrauchtes Uran anzureichern, um daraus Plutonium zu gewinnen, das für den Bau von Atomwaffen verwendet werden könnte

 

Internationale Bündnisse

Die Türkei ist seit 1945 Mitglied der UN
Die Türkei ist seit 1952 Mitglied der NATO
Türkische ISAF-Truppen in Afghanistan (2006)

 

Die Türkei ist seit dem 18. Februar 1952 Mitglied der NATO. An folgenden Auslandseinsätzen beteiligten sich die türkischen Streitkräfte:

Fortdauernde Missionen:

  • KFOR, seit 1999[29]
  • ISAF NATO-Einsatz in Afghanistan (2001): Von Juni 2002 bis Februar 2003 stand der Einsatz unter türkischer Leitung. Derzeit sind 1795 türkische Soldaten im Einsatz. Von Februar bis August 2005 stand das Kommando erneut für sechs Monate unter türkischer Führung.[29]
  • Althea, seit 2004[29]
  • UNMIS, seit 2005[29]
  • UNAMID, seit 2006[29]
  • UNIFIL, seit 2006[29]
  • CTF-151, seit 2009. Aktuell wird die TCG GEDIZ im Rahmen einer Nato-Aktion im Golf von Aden eingesetzt, um Transporte des Welternährungsprogramms nach Somalia zu schützen und Piratenangriffe abzuwehren.[29]
  • Operation Ocean Shield, seit 2009[29]
  • NTM-I, seit 2004[29]