Russische Streitkräfte

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  Streitkräfte Russlands
Вооружённые Си́лы Росси́йской Федера́ции / Wooruschonnyje Sily Rossijskoj Federazii
Flagge, Vorderseite
Flagge, Vorderseite
Flagge, Hinterseite
Flagge, Rückseite
Führung
Oberbefehlshaber: Präsident (derzeit Wladimir Wladimirowitsch Putin)
Verteidigungsminister: Sergei Kuschugetowitsch Schoigu
Militärischer Befehlshaber: Waleri Wassiljewitsch Gerassimow[1]
Militärische Führung: Generalstab
Sitz des Hauptquartiers: Moskau
Militärische Stärke
Aktive Soldaten: 1.037.000[2] (2006)
Reservisten: 1.500.000
Wehrpflicht: ja
Wehrtaugliche Bevölkerung: insgesamt (Männer und Frauen; Alter 15–49): 21.500.000 Männer und 28.800.000 Frauen
Wehrtauglichkeitsalter: vollendetes 18. Lebensjahr
Haushalt
Militärbudget: 90,7 Milliarden US$ (2012)[3]
Anteil am Bruttoinlandsprodukt: 2,9 % (2009)[4]
Geschichte
Gründung: 1991

 

Die russischen Streitkräfte sind die bewaffneten Streitkräfte der Russischen Föderation, die aus den Teilstreitkräften Heer, Luftstreitkräfte und Marine sowie den eigenständigen Streitkräften Luftlandetruppen, Strategische Raketentruppen und Weltraumtruppen besteht.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion Ende 1991 unterzeichnete am 7. Mai 1992 der Präsident Russlands, Boris Jelzin ein Dekret, das das russische Verteidigungsministerium begründete und alle ehemaligen Sowjetischen Streitkräfte auf dem Territorium der RSFSR unter Kontrolle der Russischen Föderation stellte.

Russland ergänzt seine Armee unter anderem durch ein Wehrpflichtsystem, unterhält Militärbasen im Ausland und das derzeit weltweit größte Kernwaffenarsenal.

Auftrag

In den ersten 22 Monaten der Existenz des russischen Staates hat es keine nationale Militärdoktrin gegeben. Stattdessen wurde nahezu dieselbe Doktrin wie zur Zeit des Kalten Krieges aufrechterhalten. Sie baute darauf auf, mithilfe einer großen Wehrpflichtigenarmee nun einen inneren Feind (statt zuvor einen äußeren, etwa der NATO) schlagen zu können. Nach dem russischen Verfassungskonflikt von 1993 wurde am 2. November 1993 eine neue Doktrin eingesetzt. Diese bekannte, dass die Gefahr eines weltweiten Konfliktes nicht aufgehoben sei, aber innere und lokale Konflikte die größte Gefahr für die Aufrechterhaltung des Friedens darstelle. Die Doktrin stand dabei noch in der Tradition des Kalten Krieges.[5] So enthielt die Doktrin eine Anzahl von Gründen, die dem russischen Staat die eigene Legitimität gab, in benachbarte Länder und Republiken militärisch zu intervenieren. Das Fehlen einer klaren Vision und Linie führte in den Folgejahren zu verschiedenen Fehlannahmen. So gingen die Ersteller dieser Doktrin von den Verhältnissen vor 1987 aus, in denen die Streitkräfte der UdSSR nahezu unbegrenzt über Ressourcen verfügen konnten.

Während Wladimir Putins erster Amtszeit als Präsident Russlands ab den 31. Dezember 1999 wurden ein neues Sicherheitskonzept und eine neue Militärdoktrin aufgesetzt. Hintergrund war die Absicht Putins, die Fähigkeiten der Landesverteidigung angesichts des immer größer gewordenen Abstands zur Waffentechnik und -technologie der US-Streitkräfte wiederherzustellen und das Militär zu modernisieren. Damit wollte er auch die frühere militärische Reputation wiederherstellen, die in den 1990er Jahren verloren gegangen war

 

Geschichte

Gründung

Infolge der Unabhängigkeiterklärungen verschiedener Sowjetrepubliken im Laufe des Jahres 1991 wurde vom 21. bis zum 25. Dezember 1991 die UdSSR offiziell aufgelöst. Die gesamte Struktur der sowjetischen Streitkräfte bis hin zur Zusammensetzung der einzelnen Truppen wurde zunächst nicht nach den neuen nationalen Kriterien getrennt. So unterstanden die Streitkräfte anfangs der Kontrolle durch die Militärbefehlshaber der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Damit übernahm sie vorerst auch das sowjetische Rüstungspotential.

 
Siegesflagge – Offizielle Flagge der Russischen Armee

 

Im Mai 1992 schuf Russland jedoch seine eigene Militärstruktur. Dies geschah als Antwort auf die Bildung eigener Armeen in verschiedenen GUS-Staaten, im Besonderen der Ukraine. Das militärische Kommando der GUS blieb noch für ein weiteres Jahr aktiv, obwohl seine Macht schon stark eingeschränkt war. Im Juni 1993 wurde es abgeschafft, und die meisten seiner Funktionen wurden auf das russische Militärkommando übertragen.

Die russischen Streitkräfte sind damit direkter Nachfolger der Streitkräfte der Sowjetunion.[7] Sie übernahmen das Meiste an Personal, Ausrüstung, Institutionen und Tradition der Sowjetarmee und Seekriegsflotte. Es wurde unter Präsident Wladimir Putin eine abgeänderte Version der Flagge der Sowjetunion - ohne Hammer und Sichel - als Armeeflagge eingeführt. Bemerkenswert ist allerdings, dass gleichzeitig alte kaiserlich-russische Orden (zum Beispiel der Alexander-Newski-Orden und Andreasorden), Paradeuniformen und Militärlehranstalten wiederbelebt wurden. So stellen die heutigen russischen Streitkräfte eine Hybride aus zaristischen wie sowjetischen Traditionsbeständen dar.

Einsätze

Russische Verfassungskrise

 
Russische Soldaten auf Schützenpanzerwagen BTR-80 im Rahmen des IFOR-Einsatzes, November 1996

 

Während der Jelzin-Ära von 1992 bis 1999 erlebten die russischen Streitkräfte ihre bislang schwierigste Phase. Im Oktober 1993 wurden im Zuge der russischen Verfassungskrise Teile der russischen Streitkräfte in den Konflikt zwischen Präsident Jelzin und dem Obersten Sowjet hineingezogen. Russland befand sich am Rande eines Bürgerkrieges. Die höheren Kommandoebenen der Sicherheitsdienste und des Militärs unterstützten Jelzin. Soldaten beendeten die Krise gewaltsam, indem sie das Parlamentsgebäude belagerten und beschossen. Um den Preis von fast 200 Toten und mehreren hundert Verletzten brach der bewaffnete Widerstand gegen Jelzin zusammen. Es handelte sich um die schwersten Unruhen in Moskau seit dem Revolutionsjahr 1917.

Aufgrund "bilateraler Vereinbarungen" verblieben seit 1992 russische Truppenteile in Transnistrien und in Südossetien. In beiden Fällen stützt es die dortigen „stabilisierten De-facto-Regime“.

GUS-Friedensmissionen

Russland beteiligt sich an den GUS-Friedensmissionen in Tadschikistan (1993 zusammen mit kasachischen Einheiten) und in Abchasien (als einzige Beteiligte seit 1994).

Erster Tschetschenienkrieg

Die russischen Streitkräfte wurden im Ersten Tschetschenienkrieg (1994–1996) in den größten inneren Konflikt seit dem Russischen Bürgerkrieg (1918–1920) gezogen. Die Streitkräfte waren für diesen Krieg nicht vorbereitet, aufgrund der schwierigen Transformationsphase zwischen dem Ende des Kalten Krieges und der Errichtung der nationalen Streitkräfte.

Die Situation der Streitkräfte um 1994 stellte sich so dar, dass 37 Divisionen aus Mitteleuropa und dem Baltikum abgezogen wurden und 57 Divisionen an Weißrussland und die Ukraine abgegeben wurden. Weiterhin garantierten neue Bestimmungen tausenden Studenten die Befreiung vom Wehrdienst. Eine Anzahl von Divisionen wurden zu dem Zeitpunkt in unabhängige Brigaden umorganisiert oder aufgelöst. Gemäß dem Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa von 1990 wurden zudem tausende Panzer, Schützenpanzer und Artilleriewaffen abgerüstet. So waren die Einheiten der Streitkräfte weit von ihrer Sollstärke entfernt. Die Lebensbedingungen waren ebenfalls sehr schwierig und die Moral sehr niedrig.

Nach eineinhalb Jahren Krieg verhandelten die russische Zentralregierung und die tschetschenischen Rebellen einen Waffenstillstand, der den Rückzug der russischen Streitkräfte vom Territorium der Tschetschenischen Republik vorsah. Verbunden mit diesem Debakel verloren die Streitkräfte erheblich an Reputation und Rückhalt in der eigenen Bevölkerung. Die Probleme lagen vor allem in der unzureichenden Personalaustattung und dem schlechten Ausbildungsstand der Wehrpflichtigen.[8] Der Krieg wirkte negativ auf die Reformbemühungen der Streitkräfte. Erstens wurden alle Anstrengungen auf den Konflikt gelenkt, zweitens zog der Krieg in Tschetschenien zusätzliche finanzielle Aufwendungen auf eine bereits unterfinanzierte Armee nach sich, womit teure Reformvorhaben nicht möglich waren. Zudem wurde die Moral der Streitkräfteangehörigen durch den Ausgang des Konfliktes weiter untergraben.

Zweiter Tschetschenienkrieg

Nach den Vorfällen in Dagestan und den Sprengstoffanschläge auf Wohnhäuser in Russland durch islamistische Terroristen, bei denen 228 Zivilisten starben, erhöhte sich die Bereitschaft in der russischen Bevölkerung für einen neuen Waffengang in der abtrünnigen Republik. Nach Artillerie- und Luftschlägen auf tschetschenische Stellungen, marschierte eine etwa 100.000 Mann starke russische Streitkraft im Oktober 1999 nach Tschetschenien ein. Der zweite Krieg unterschied sich erheblich vom Ersten Tschetschenienkrieg. Dieses Mal verwendeten die russischen Streitkräfte eine andere Taktik. Anstatt schlecht ausgebildete, leicht motorisierte Einheiten in den Häuserkampf zu schicken, wendeten die russischen Streitkräfte starke Artillerie- und Luftschläge an, bevor die Infanterie die zerstörten Dörfer und Städte einnahmen.[9] Bis März 2000 wurden alle größeren Besiedlungen eingenommen, einschließlich Grosny. Die Rebellen wurden in den gebirgigen Süden zurückgetrieben, aber blieben dennoch für die Guerillakriegsführung fähig, so dass sich jahrelange Attacken auf die russischen Streitkräfte anschlossen. Im Frühjahr 2001 kamen groß angelegte russische Militäroperationen zu einem Ende. Der Krieg trat damit in eine neue Phase ein, in denen die russischen Streitkräfte sich auf das Bekämpfen von Guerillaaktivitäten konzentrierten.

Der Zweite Tschetschenienkrieg ab 1999 erhöhte die Moral innerhalb der Armee. Durch den erfolgreichen Feldzug sicherte sich Präsident Wladimir Putin die russischen Streitkräfte als verlässliches Machtinstrument und in der sich anschließenden Präsidentenwahl seine eigene Machtposition. Die Streitkräfte beklagten in der Zeit vom September 1999 bis Dezember 2002, als die groß angelegten Operationen endeten, nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums 4.572 gefallene und 15.549 verletzte Soldaten

Südossetienkrieg 2008

Im August 2008 kämpften Einheiten der russischen Streitkräfte im Südossetien-Krieg das erste Mal seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion außerhalb der russischen Landesgrenzen (der Handstreich auf den Flughafen Pristina nach dem Ende des Kosovokrieges 1999 erfolgte ohne Kampfhandlungen).

Krieg in der Ukraine 2014

Russische Einheiten besetzten im Frühjahr 2014 die ukrainische Krim, nachdem es in der Ukraine zu einem Sturz der putinfreundlichen Regierung Wiktor Janukowytschs gekommen war, dessen Auslöser die Nichtunterzeichnung eines geplanten EU-Assoziierungsabkommens war. Die russischen Kräfte verstießen dabei gegen eine der ältesten Regeln des Kriegsvölkerrechts, da sie nicht als Angehörige der russischen Streitkräfte gekennzeichnet waren. Seit April 2014 konzentrieren die Russen Streitkräfte an der russisch-ukrainischen Grenze. Im zeitgleich schwelenden Konflikt zwischen der ukrainischen Zentralregierung unter dem neugewählten Präsidenten Petro Poroschenko und den offiziell als Separatisten operierenden Kräften in der Ostukraine wird auf Seiten letzterer in großem Maße neuestes russisches Wehrmaterial eingesetzt. Die Separatisten bestätigten zudem den Einsatz von über tausend russischen Soldaten in ihren Reihen, die nach ihren Angaben von den russischen Streitkräften beurlaubt worden sind.

UN-Friedensmissionen

Beteiligung Russlands 2008
Mission S MB P
MINURSO (Westsahara) - 18 -
MINUSTAH (Haiti) - - 7
MONUC (Dem. Rep. Kongo) - 29 4
UNIOSIL (Sierra Leone) - 1 -
UNMEE (Äthiopien, Eritrea) - 3 -
UNMIK (Kosovo) - 1 39
UNMIL (Liberia) - 3 8
UNMIN (Nepal) - 8 -
UNMIS (Sudan) 122 13 11
UNMIT (Osttimor) - - 5
UNOCI (Elfenbeinküste) - 11 -
UNOMIG (Georgien) - 4 2
UNTSO (Israel, Palästina) - 4 -
P=Polizisten MB=Militärbeobachter
S=Soldaten

Russland beteiligte sich mehrfach in kleinerem Rahmen an UN-Friedensmissionen. So an der von der NATO geführten und durch UN-Mandat legitimierten Implementation Force (IFOR) und Stabilization Force (SFOR) in Bosnien-Herzegowina und an der Kosovo Force (KFOR) im Kosovo (ehemals Serbien). Einen weiteren Einsatz bildete die im Dezember 2005 beendete United Nations Mission in Sierra Leone (UNAMSIL), an der sich Russland mit 113 Soldaten beteiligte. Darüber hinaus beteiligt sich Russland an den GUS-Friedensmissionen in Tadschikistan (1993 zusammen mit kasachischen Einheiten) und in Abchasien (seit 1994).

Reformen

 
Ein russischer Marineinfanteriesoldat während eines Manövers in Polen im Juni 2003

 

Nach Ende des Kalten Krieges hatten viele Staaten die Notwendigkeit ihr Militär zu reformieren. Durch den Zusammenbruch des Warschauer Paktes und der Sowjetunion, hatte sich die internationale Sicherheitsagenda erheblich gewandelt. Gleichzeitig gab es erhebliche Neuerungen im technologischen Bereich, welche die Kriegsführung veränderten.[11] Ein weiterer Anstoß für die Reformierung des Militärs in Russland boten die dramatischen gesellschaftlichen Änderungen, die sich Anfang der 1990er Jahre in Russland vollzogen.

1995 wurde unter Jelzin eine Militärreform beschlossen, die in ihrem Kern den Übergang von der Wehrpflichtarmee mit über einer Million Soldaten zu einer Berufsarmee vorsah. In der Realität wurde aber die Verwirklichung dieser Kernaufgaben der Militärreform immer wieder aufgeschoben und bereits umgesetzte Reformschritte wieder aufgehoben. So legte Präsident Jelzin im Mai 1996 in einem Erlass fest, dass bis 2000 eine Berufsarmee zu schaffen sei. Bereits 1998 wurde dieser Termin auf 2005 verschoben. Ende 2001 verkündete Präsident Putin als neuen Termin das Jahr 2010. Auch die Zielzahlen zur Reduzierung der Personalstärke unterlagen permanenten Veränderungen. Nach ursprünglichen Plänen sollte die Sollstärke der russischen Streitkräfte, einschließlich der Zivilangestellten bis 2005 um 600.000 Stellen auf 835.000 Mann reduziert werden. Im Juni 2002 veränderte der Sicherheitsrat der Russischen Föderation den Zeitpunkt der Reduzierung auf 2010 und die Zielgröße, die nun eine Sollstärke zwischen 850.000 und 1 Million für 2010 vorsieht. Die terminlichen und zahlenmäßigen Änderungen sind neben einer Reformunwilligkeit von Teilen der Armeeführung auch den gesellschaftlichen Belastungen geschuldet, die mit einer groß angelegten Reduzierung der Streitkräfte zusammen mit der Schaffung einer Berufsarmee entstanden wären

 

Die bereits in den 1990ern unternommenen Strukturreformversuche hatten bis mitte der 2000er zu keinen substantiellen Veränderungen geführt, womit die grundlegende Erneuerung des gesamten russischen Militärwesens – von den Streitkräften und ihren Ausrüstungen bis zu den Führungsstrukturen – eine ungelöste Aufgabe geblieben war. Dies zeigte sich insbesondere bei dem tragischen Unglück der K-141 Kursk. Die Umstände und Ursachen des Unglücks sorgten in der Regierung für ein Umdenken in der Form, dass die Probleme der Armee nicht durch Erhöhung des Verteigungsbudgets zu lösen waren.[6] Zudem führten der Umgang und die Informationspolitik der Armeebehörden mit der Katastrophe des gesunkenen U-Bootes K-141 Kursk zu Kritik aus der russischen Bevölkerung. Am Ende der ersten Amtszeit Putins waren die Fortschritte daher eher gering. Die Situation der Streitkräfte hatte sich weiter verschlechtert und die Sicherheitsproblematik blieb ungelöst.

Daher wurde 2008 eine umfassende Militärreform begonnen, die zur Reduzierung der Armee auf eine Million Soldaten führen soll. Weiterhin ist eine Reduzierung der Anzahl der Generäle (2008: 1.100) geplant. Statt der Regimenter und Divisionen soll eine Brigadenstruktur eingeführt und mobile Truppenteile mit ständiger Gefechtsbereitschaft aufgestellt werden. Der Dienstgrad des Fähnrich ist in der Reform nicht mehr vorgesehen. Die Planvorstellungen sind allerdings keine Neukonzeptionen, sondern lehnen sich stark an die Reformpläne unter Jelzin an.

Allgemeiner Zustand

Truppenstärke

Die numerische Größe und die Budgetzuteilungen sanken Anfang der 1990er-Jahre deutlich. Von 2,8 Millionen zur Zeit der Gründung der russischen Streitkräfte im Juni 1992 sank die Truppenstärke auf unter 2 Millionen bis 1994. Zum 1. Januar 2005 betrug die Stärke der Streitkräfte rund 1.207.000 Mann, nebst 876.000 Zivilangestellten.[13] Für 2006 wird die Stärke mit 1.037.000 Mann angegeben.[2]

Entwicklung der Mannstärke der russischen Streitkräfte von 1992–2003:[14]
Jahr 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
in Millionen 2.72 2.03 1.71 1.52 1.27 1.24 1.16 1.00 1.00 0.98 0.98 0.96

 

Truppenstärke und Führungsstruktur 2008

Truppenstärke 1.130.000
Offiziere 355.000
Generäle 1.107
Oberste 25.665
Majore 99.550
Hauptleute 90.000
Leutnante 50.000
Fähnriche 140.000
Offiziere in Führungsorganen
des Verteidigungsministeriums
und des Generalstabs
27.873
Professionelle Unteroffiziere unbekannt

 

Budget

Ein großes Problem der russischen Streitkräfte war ihre chronische Finanzknappheit. Der prozentuale Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttosozialprodukt sank von 10 % zur Zeit der letzten Jahre der Sowjetunion auf rund 5 % in den ersten Jahren des neuen russischen Staates.[16] Nach Regierungsantritt von Präsident Putin begann er das Budget wieder zu erhöhen und beendete damit die Kürzungspolitik seines Vorgängers, Präsident Boris Jelzin. Die Budgetsituation für die Armee war bei Amtsübernahme Präsident Putins katastrophal. Die Verteidigungsausgaben waren von 142 Milliarden US-Dollar auf 4 Milliarden US-Dollar zurückgegangen, ein Rückgang um 98 Prozent.[17] Die nun folgenden Budgeterhöhungen waren jedoch nicht hoch genug um die Krise der Armee zu mindern. Trotz der Budgetzuwächse ging Präsident Putin jedoch nicht auf die Forderungen der Armeegeneräle nach noch höheren Budgets ein. Diese bezogen sich auf einen 1998 von Jelzin erlassenen Präsidentenerlass, der eine Budgetzuteilung für die Streitkräfte von 3,5 Prozent am BSP vorsah.[18]

Entwicklung des prozentualen Anteils des Verteidigungsbudget am russischen BSP:[19]
Jahr 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
Prozent vom BSP 2,34 2,63 2,66 2,60 2,65 2,69 2,8 2,74

 

Das Militärbudget hat sich seit 2000 etwa vervierfacht, wobei Beobachter allerdings vermuten, dass die tatsächlichen Militärausgaben noch weit höher als offiziell angegeben liegen.[20] Die Militärausgaben betrugen 2011 etwa 72 Milliarden US-Dollar. In der Liste der höchsten Rüstungsetats belegte Russland damit Platz drei

 

Innere Verfasstheit

Laut der russischen Militärstaatsanwaltschaft wurden im Jahre 2005 insgesamt 139.000 Straftaten innerhalb der Armee registriert. Darunter wurden 6.000 Soldaten wegen Misshandlung durch Kameraden verletzt, 2.600 Soldaten wurden für derartige Straftaten verurteilt. Im Jahr 2006 wurden 6.700 Rekruten von Vorgesetzten misshandelt, 33 starben an den Folgen der Misshandlungen. Der Generalstaatsanwalt Juri Tschaika teilte mit, dass von den insgesamt 766 durch Unfälle und Verbrechen in der russischen Armee Gestorbenen einige auch bei privaten Arbeiten für ihre Vorgesetzten gestorben waren

 

Die Zahl der Suizide in der Armee erhöhte sich von 224 Soldaten im Jahr 2007 auf 231 Selbstmorde von Militärangehörigen im Jahr 2008. Im Jahr 2011 wurden zwar nur noch 119 Selbstmordfälle gemeldet, diese Zahl wird aber dennoch für besorgniserregend befunden. Als einer der Gründe für die hohe Zahl an Selbstmorden wird die brutale Drangsalierung von Rekruten durch Dienstältere angegeben.[23] Dieses Verhalten, der systematischen Drangsalierung wird auch als Dedowschtschina bezeichnet, was übersetzt die Herrschaft der Großväter bedeutet. Es bezeichnet die uneingeschränkte Machtausübung der älteren Jahrgänge über die nachrückenden Rekruten. Dies äußert sich unter anderem in der Konfiszierung des privaten Besitzes durch die Älteren, häufig auch durch Offiziere. Weitere Ausprägungen sind Vermietungen zu Arbeitseinsätzen an fremde Firmen und der Zwang zur Ausübung erniedrigender Tätigkeiten. Eine offizielle Instanz, an die sich die Gepeinigten wenden könnten, gibt es in der russischen Armee nicht.[24] Einschlägige Verletzungen der Bürger- und Menschenrechte waren und sind innerhalb der russischen Streitkräfte immer noch ein bisweilen aufsehenerregendes Thema.

Ferner gab es in den 1990er Jahren immer wieder Probleme bei den Zahlungen des ohnehin geringen Soldes. Mehr als 100.000 Offiziere und Unteroffiziere hatten keine Wohnung. Diese Umstände führten dazu, dass 70 % der Armeeangehörigen zu diesem Zeitpunkt unzufrieden mit ihren Lebensumständen waren.

Organisation

Führung

Politische Leitung

 
Gebäude des Generalstabs in Moskau

 

Der Oberbefehl über die russischen Streitkräfte liegt beim Präsidenten der russischen Föderation. Die organisatorische und operative Leitung übt das Verteidigungsministerium aus, während der ebenfalls im Ministerium angesiedelte Generalstab für die Ausführung dieser Anordnungen zuständig ist. Das Verteidigungsministerium ist für Versorgung der Streitkräfte, Personalverwaltung und die allgemeine Aufrechterhaltung der Kampffähigkeit zuständig. An seiner Spitze stehen der Verteidigungsminister, zurzeit Sergei Schoigu, sowie ein Gremium aus drei leitenden Staatssekretären, unterstützt von sechs Unterstaatssekretären und einem Inspekteur. In Friedenszeiten ist der Verteidigungsminister zugleich der oberste militärische Befehlshaber. Traditionell handelte es sich bei den russischen (sowjetischen) Verteidigungsministern nicht um einen Zivilisten, sondern um einen hochrangigen General. Sergei Iwanow war von 2001 bis 2007 der erste Zivilist auf diesem Posten. Fast alle Funktionsträger im Ministerium sind Offiziere. Auch der Duma gehören überproportional viele aktive Offiziere an. 2004 wurden die operativen Befugnisse des Verteidigungsministers zu Ungunsten des Generalstabs ausgeweitet.

Generalstab

Generalstabschef ist seit November 2012 Generaloberst Waleri Gerassimow.[1] Oberkommandierender der russischen Landstreitkräfte ist seit Anfang 2010 Armeegeneral Alexander Postnikov.[25]. Der Oberbefehlshaber der Strategischen Raketentruppen war zeitweilig Generaloberst Nikolai Solowzow; Generaloberst[26] Oleg Ostapenko befehligt seit Juli 2008 die russischen Weltraumtruppen.

 

Teilstreitkräfte

Landstreitkräfte

 
Russland ist in 4 Militärbezirke aufgeteilt
 
Emblem
 

Die Russischen Landstreitkräfte gliedern sich in vier Vereinigte Strategische Kommandos (Militärbezirke):

Vereinigtes Strategisches Kommando Mitte mit Stab in Jekaterinburg
Vereinigtes Strategisches Kommando Ost mit Stab in Chabarowsk
Vereinigtes Strategisches Kommando Süd mit Stab in Rostow am Don
Vereinigtes Strategisches Kommando West mit Stab in St. Petersburg

Die russischen Landstreitkräfte bestehen aus Bodenkampfeinheiten (Motorisierte Schützen, Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Transporter und Luftabwehreinheiten) und Hubschraubern, da die gesamte Heeres-Luftwaffe kürzlich in die Zuständigkeit der russischen Luftwaffe übergeben wurde.[28]

Oberbefehlshaber ist seit Januar 2010 Generaloberst Alexander Postnikow.

Luftstreitkräfte

 
RuAF emblem.png

 

Die Luftstreitkräfte der Russischen Föderation gingen 1991 aus den Luftstreitkräften der Sowjetunion hervor. Die zuvor als unabhängige Teilstreitkraft neben Armee, Flotte, Luftwaffe und Raketentruppen bestehenden Luftverteidigungsstreitkräfte (Woiska PWO/Protiwowosduschnaja oborona), in deren Inventar sich die Masse der Abfangjäger und bodengestützten Luftabwehrsysteme befand, wurde 1998 in die Luftstreitkräfte eingegliedert. Im Jahr 2003 wurden die zuvor den Landstreitkräften zugeordneten Heeresfliegereinheiten dem Kommando der Luftstreitkräfte unterstellt. Nicht zu den Luftstreitkräften gehören die Marinefliegereinheiten (Awiazija Wojenno Morskowo Flota, AWMF), die sich unter dem Kommando der Russischen Marine befinden.

Die russischen Luftstreitkräfte verfügen derzeit über eine Gesamtstärke von etwa 185.000 Mann.

Oberbefehlshaber ist seit Mai 2007 Generaloberst Alexander Nikolajewitsch Selin.

Seekriegsflotte

 
Emblem

 

Die Russische Marine (russisch Военно-Морской Флот (ВМФ)/ Transkription Wojenno-Morskoi Flot (WMF) – wörtlich: Kriegs-See-Flotte) ist die Seestreitkraft der russischen Streitkräfte seit 1991. Die internationale Bezeichnung für ein Schiff der russischen Marine ist „RFS“-„Russian Federation Ship“ (Schiff der Russischen Föderation).

Die russische Marine hat den größten Teil der ehemaligen Sowjetischen Flotte übernommen und setzt sich aus den folgenden Flotten zusammen:

Dazu kommen noch die Einheiten der Marineinfanterie und die Küstenartillerie. Oberbefehlshaber ist seit Mai 2012 Admiral[26] Wiktor Wiktorowitsch Tschirkow. 2008 operierte die russische Marine mehrmals in den Weltmeeren. So nahm sie in der Karibik an einer gemeinsame Übungen mit der venezolanischen Marine teil und passierte erstmals seit 1944 wieder den Panamakanal. Weitere Flottenbesuche fanden in Nicaragua und Kuba statt.

Luftlandetruppen

 
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Die russischen Luftlandetruppen oder WDW (Wosduschno-Dessantnyje Woiska russisch: Воздушно-десантные войска = ВДВ, englisch VDV) sind eine während des Zweiten Weltkrieges gegründete Teilstreitkraft der russischen Streitkräfte.

Sie umfassen vier Divisionen, eine Brigade und ein Ausbildungszentrum in der Größe einer Brigade.[29]

Darüber hinaus gibt es noch eine Luftlandedivision und ein Luftlanderegiment, die jeweils direkt dem betreffenden Militärbezirk, in dem sie gerade stationiert sind, unterstehen. Neben leichter Infanteriewaffen sind die WDW auch mit Artillerie und gepanzerten Fahrzeugen wie dem BMD Panzer ausgerüstet.[30]

Seit dem 19. November 2007 werden sie von Generalleutnant Waleri Jewgenjewitsch Ewtuchowitsch geführt.

Strategische Raketentruppen (RWSN)

Emblem

 

Die RWSN (Raketnyje woiska strategitscheskowo nasnatschenija Rossijskoi Federazii) wurden am 24. März 2001 durch ein Dekret des russischen Präsidenten gegründet und stehen historisch gesehen in Zusammenhang mit der 1959 gegründeten Teilstreitkraft der sowjetischen Streitkräfte (in der offiziellen Rangfolge der Teilstreitkräfte der Sowjetarmee hatten die Raketentruppen nach den Landstreitkräften den zweiten Rang eingenommen). Im Juni 2001 wurden die Weltraumtruppen aus den Strategischen Raketentruppen ausgegliedert und in eine separate Unterabteilung der Gesamtstreitkräfte zusammengefasst.

Gliederung
  • Zentralkommandostelle in Wlassicha bei Moskau
    • 27. Raketenarmee in Wladimir mit fünf Raketendivisionen, ihr unterstellt sind 216 Raketen
    • 31. Raketenarmee in Orenburg mit zwei Raketendivisionen, 77 Raketen
    • 33. Raketenarmee in Omsk mit vier Raketendivisionen, 133 Raketen

Eine vierte, die 53. Raketenarmee in Tschita, wurde 2002 aufgelöst.

Die Mannschaftsstärke beträgt derzeit 120.000 Mann, zwei Drittel davon Militärangehörige, der Rest zivile Angestellte. Befehlshaber der RWSN ist seit Juni 2010 Generaloberst[26] Sergei Karakajew.

 
Damaliger Präsident Dmitri Medwedew (l.) mit Generaloberst Nikolai Solowzow (m.) und damaligem Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow (r.), 2008 in Plessezk
Anzahl der Systeme und Sprengköpfe

Weltraumstreitkräfte

Emblem

 

Die Weltraum- oder Kosmischen Streitkräfte Russlands (Kosmitscheskije woiska Rossii) bestehen aus Einheiten, Truppenteile und Verbände, die für die strategische Raketenabwehr, die Ausführung von Nuklearschlägen, die Aufklärung eines potentiellen Gegners und die Informationsversorgung anderer TSK und Bedarfsträger zuständig sind.[32]

Neben Russland sind Einrichtungen der russischen Weltraumstreitkräfte auch in Aserbaidschan, Kasachstan, Tadschikistan und Weißrussland stationiert. Sie können auch die Raketenstartplätze in Baikonur, Plessezk und Swobodny nutzen.

Das Arsenal der Weltraum-Streitkräfte stellt dabei hauptsächlich die Satellitenflotte Russlands dar. Diese besteht aus mindestens 95 Satelliten; nach Quellenangaben sollte Ende 2007 eine Anzahl von 102 Satelliten erreicht werden, von denen die meisten als Spionagesatelliten militärischer Natur sind.[33] Ursprünglich war dieser Sektor ein Teil der Luftverteidigungskräfte (PWO). Erst 1992 wurde daraus ein eigenständiger Zweig und 1997 wurden sie den Strategischen Raketentruppen unterstellt. Die eigentliche Geburtsstunde als selbstständiger Teil der russischen Streitkräfte war der 1. Juni 2001.

Am 4. Oktober wird in Russland jährlich der Tag der Weltraumstreitkräfte begangen.

 

Rekrutierung und Ausbildung

Wehrpflicht

 
Ein junger Offizieranwärter (Mai 2011)

 

In Russland gilt gesetzlich eine allgemeine Wehrpflicht. Die Dienstdauer beträgt gegenwärtig 12 Monate, abzuleisten von wehrfähigen Männern zwischen 18 bis maximal 27 Jahren. 2007 war sie von 24 auf 18, 2008 dann auf 12 Monate verkürzt worden. Westliche Schätzungen gehen dahin, dass gegenwärtig ein Drittel der Angehörigen eines Rekrutenjahrgangs den Wehrdienst ableisten muss. Heute besteht noch knapp die Hälfte des Personalbestands der Streitkräfte aus Wehrpflichtigen. Früher wurden wehrpflichtige Soldaten (fast ausschließlich Heeresangehörige) auch in internen Kriegseinsätzen verwendet. So starben tausende von meist schlecht ausgebildeten und ineffektiv eingesetzten russischen Wehrpflichtigen in den beiden Tschetschenienkriegen. Wohl auch aufgrund von Protesten aus der Bevölkerung – so organisierte sich ein Soldatenmütter-Komitee – schickt die russische Armeeführung heute in Kriegs- und Krisengebiete wie den Kaukasus nur noch Berufs- und Zeitsoldaten. Wegen oft unerträglicher Dienstbedingungen für Rekruten steht die Wehrpflicht aber nach wie vor in der Kritik. Soweit möglich, sucht der Bürger die Einberufung zu umgehen, auch durch Korruption.

Die nachstehende Tabelle zeigt die gerundete Anzahl der aufgrund der Wehrpflicht einberufenen Rekruten in den jeweiligen Einberufungsjahrgängen:

Jahrgang Frühjahr Herbst Gesamtzahl
2003 175.050 175.806 350.856
2004 166.050 176.393 342.443
2005 157.700 140.900 298.600
2006 124.550 123.310 247.860
2007 133.500 132.500 266.000
2008 133.200 219.000 352.200
2009 305.560 271.020 576.580
2010 270.600 278.821 549.421
2011 218.720 135.850 354.570
2012 155.570 140.140 295.710
2013 153.200 150.030 303.230

Kadettenschulen

Die Tradition militärischer Jugendlehranstalten reicht bis zur Zeit Kaiser Peter I. zurück. In der Sowjetzeit teilweise aufgelöst, wurde nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die historische Tradition der zaristischen Kadettenanstalten und militärischer Gymnasien wiederbelebt. Im heutigen Russland gibt es nur noch wenige Traditionsanstalten wie die Kadettenanstalt von Omsk oder die Zweite Moskauer Kadettenanstalt.

Die Anstalten selbst setzen unterschiedlichste Ziele, Anforderungen und Möglichkeiten. Während einige nicht viel mehr als allgemeine Schulen mit militärischem oder militärnahem Hintergrund sind, bieten andere Eliteanstalten harte Aufnahmeprüfungen mit Möglichkeiten zu einer Offizierskarriere nach erfolgreichem Abschluss. Es gibt halb selbstständige Anstalten wie das Suvorowskoje oder Nachimowskoe, daneben gibt es aber auch solche Anstalten, die dem Verteidigungsministerium, dem Innenministerium oder dem FSB angehören.[34]

Nach einer mehrjährigen Ausbildung gibt es für die Absolventen die Möglichkeit ohne Eintrittsexamen in die höheren militärischen Lehranstalten einzutreten. Sie besitzen auch die Qualifikation, mit Eintrittsexamen in beliebige Hochschulen nichtmilitärischer Richtung aufgenommen zu werden.[35] Es gibt auch die Tradition, eine bedeutende Quote an Kindern aus schwierigen Lebensverhältnissen, wie Kinder schwerbehinderter Eltern oder aus Waisenhäusern aufzunehmen.

Ausrüstung und militärische Anlagen

Durch die Umbruchphase in den 1990er Jahren verbunden mit einem dramatischen Einbruch der Wirtschaft und der Staatseinnahmen, erhielt die Armee kaum neue Ausrüstung. Daher befinden sich viele der Geräte, Schiffe, U-Boote, Flug- und Fahrzeuge in einem schlechten Zustand. Im Jahr 2000 waren über ein Drittel der wichtigsten Waffensysteme und der militärischen Ausrüstung, bei Kampfflugzeugen und Panzern weniger als die Hälfte und bei Hubschraubern sogar etwa 80 Prozent nicht einsatzfähig.[36] Zurzeit befinden sich nach wie vor mehr als 20.000[37] Kampfpanzer im Dienst. Von dieser großen Anzahl an Panzern befindet sich aber nur ein Teil, nämlich etwas mehr als 6.000 Panzer im aktiven Dienst, während der Rest in Depots lagert.[38] Der T-90 ist der derzeit modernste im Dienst befindliche russische Kampfpanzer. Russland besitzt circa 241 T-90 und rund ein Dutzend T-90A Panzer. Er wird von der russischen Armee in geringen Stückzahlen produziert.

 
Schwere Panzerhaubitze 2S19

 

Auch die Luftwaffe wird mit modernisierten Abfangjägern MiG-31BM, Su-27SM, neuen Jagdbombern Su-34 und modernisierten Erdkampfflugzeugen Su-25SM ausgerüstet. Die Zuführung an neuem Fluggerät kann allerdings nicht Schritt halten mit dem altersbedingten Ausscheiden von Fluggeräten, so dass die Gesamtzahl an Fluggeräten durch Außerdienststellung und Abstürze weiter abnimmt. So seien etwa ein Drittel der ungefähr 200 Maschinen starken Mig 29 Flotte im Jahr 2009 nicht mehr flug- und einsatzfähig.[39] Erhebliche Beträge werden in die Modernisierung der Atomwaffen investiert. So sollen neue Raketen-Schachtstartanlagen und mobile Raketenkomplexe Topol-M in Dienst gestellt werden. 2008 erhielten die russischen Streitkräfte 17 Interkontinentalraketen, 4 Iskander-Systeme, 52 T-90-Panzer, 210 Transportpanzer, 41 BMP-3-Schützenpanzer, 34 Raketen für die S-400-Luftverteidigungssysteme, 4.500 Fahrzeuge

 

Individuelle Ausrüstung der Infanteristen

 
Russischer Soldat mit Ausrüstung

 

Die aktuelle Standardausrüstung eines russischen motorisierten Schützen trägt die Bezeichnung „Barmiza“ und besteht aus der kugelsicheren Weste 6B12 „Zabralo“, die einen direkten Treffer aus einer AK-74 ab einer Entfernung von mehr als zehn Meter abfangen soll[41][42], dem Helm- 6B6 „Borit-M“, einem Wasseraufbereitungsfilter und Vorrichtungen zur individuellen Feldbeobachtung, sowie Kommunikations- und lebenserhaltende Einrichtungen.

Als Waffe wird neben der AK-74 auch der Nachfolger AN-94 geführt, welcher der AK-74 zum Verwechseln ähnlich sieht oder auch die AK-74u die als leichte Sturmwaffe gedacht ist.[43] Als Nachfolgermodell wird jedoch bereits das verbesserte System "Ratnik" eingeführt. Es bietet dem Soldaten mehr Schutz und verfügt über moderne Kommunikationsgeräte sowie eine Anbindung an das Navigationssystem GLONASS.

Russische Soldaten bekommen neuen Schutz- und Kampfanzug „Ratnik“

Боевой комплект Ратник экипировка защита армия

STIMME RUSSLANDS In Russland gehen die staatlichen Tests des Kampfequipments „Ratnik“ zu Ende. Ab Anfang 2014 wird der Anzug an die Armee ausgeliefert. Der Staat plant, zehntausende Stück der neuen Ausrüstung bei den Herstellern zu bestellen.

An der Schaffung des Anzugs für den „Soldaten der Zukunft“ haben Dutzende Rüstungsbetriebe und wissenschaftliche Forschungsinstitute teilgenommen. Somit verkörpert „Ratnik“ die modernsten wissenschaftlichen und technischen Ideen und innovative Lösungen unter Nutzung der allerneuesten Materialien. Seine Felderprobung erfolgte im Dezember 2012 bei einer selbstständigen Motorschützenbrigade im Moskauer Gebiet.

Das Equipment besteht aus moderner Schussausrüstung, effektiven Schutzvorrichtungen und Späh- und Meldemitteln – im Ganzen sind es etwa zehn Komponenten. Das erhöhte Augenmerk richtet sich auf den effektiven Schutz des Soldaten auf dem Schlachtfeld, sagt der Chefredakteur der Zeitung „Militärisch-industrieller Kurier“, Michail Chodarjonok:

"Erstens ist dieses Schutz-Equipment in allen seinen Eigenschaften besser als sein Vorgänger „Barmiza“ und übertrifft sein französisches Pendant FELIN, das 2009 für die russische Armee gekauft werden sollte. „Ratnik“ bietet zweitens einen bedeutend besseren Schutz vor Schusswaffen, Granatsplittern und Minen.“

Der mehrschichtige Helm hält einer aus fünf bis zehn Metern abgefeuerten Pistolenkugel stand. Der Overall aus Alutex-Fasern schützt vor Granatsplittern und Geschossen, die kugelsichere Weste ist mit keramischen Panzerplatten verstärkt – sie schützt vor Beschuss, unter anderem mit panzerbrechenden Patronen. „Ratnik“ wiegt 20 Kilogramm, das sind sechs Kilo weniger als das französische Pendant FELIN.

Die Ausrüstung ist nach dem Modul-Prinzip zusammengesetzt, sie kann unter verschiedensten Bedingungen zu jeder Tag- und Nachtzeit verwendet werden, merkt der Kriegsberichterstatter Viktor Baranez an:

"Zum Equipment gehört auch eine Waffe. Das wird das neueste russische MG AK-12 sein. Zurzeit durchläuft es die Abschlusstests. Die Konstrukteure beseitigen die letzten Mängel, die von Soldaten und Offiziere entdeckt worden waren.“

Eine besondere Stellung nehmen beim „Ratnik“ die Funk- und Navigationsgeräte ein. Genau sie haben den russischen Soldaten beim russisch-georgischen bewaffneten Konflikt 2008 bei der Ausrüstung gefehlt, betont Michail Chodarjonok:

"Bei den letzten Militärkonflikten gab es nicht genügend Funkmittel. Die Verbindung der Militärangehörigen auf dem Feld war nur unter großen Schwierigkeiten zu gewährleisten. Bei dieser Ausrüstung sind diese Probleme zum größten Teil gelöst.“

„Ratnik“ ist mit dem Leitsystem „Strelez“ ausgestattet, das über Funk, Zielgeber, Information und Erkennung verfügt. Das System erlaubt die Weiterleitung von Information über den Standort des Soldaten zum Kommandopunkt.

Wenn Ende des Jahres die staatlichen Tests abgeschlossen sind, wird „Ratnik“ allmählich in den Dienstgebrauch genommen. Die Ausstattung sämtlicher Einheiten mit dem neuen Kampfanzug wird fünf Jahre dauern.
Weiterlesen: http://german.ruvr.ru/2013_07_17/Russische-Soldaten-bekommen-neuen-Schutz-und-Kampfanzug-Ratnik-1557/

Gepanzerte Fahrzeuge

Seit dem Zerfall der Sowjetunion und etwa bis zum Zweiten Tschetschenienkrieg bestand ein Drittel der russischen Panzertruppen aus veralteten T-55 und T-62, die jedoch nach und nach ausgemustert werden. Der Zulauf des T-80UM, die Modernisierung älterer T-80U und die Indienststellung des T-90 sind angelaufen und werden je nach Finanzlage beschleunigt. So befinden sich mittlerweile etwa 334 T-90A im Dienst. Wurden 2007 31 T-90 in den aktiven Dienst gestellt, erhöhte sich die Zahl auf 62 T-90 im Jahr 2008[44]. Dazu kommt noch etwa dieselbe Anzahl auf das Niveau des T-90 aufgerüsteter T-72. Jedoch stellt auch der T-90 nur eine Zwischenlösung dar, die Produktion wurde bereits wieder gestoppt. Der zukünftige Hauptkampfpanzer der Russischen Streitkräfte wird eine Version der Kampfplattform "Armata" (T-99) sein. Dieses vollständig neuentwickelte Fahrzeug befindet sich derzeit noch in der Testphase, soll den Streitkräften aber ab 2015 zur Verfügung stehen.

Luftfahrzeuge

In den Jahren des Verfalls, bis etwa 2002 war die Luftwaffe der Zweig der Streitkräfte, der am stärksten gelitten hat, was im 2. Weltkrieg nicht der Fall war. Die meisten Projekte wurden eingestellt, die Piloten und die Flugzeuge blieben am Boden, da kein Kraftstoff für die Flugstunden vorhanden war.

Mittlerweile sieht die Lage wieder anders aus, wobei die aktuelle Strategie weniger auf das Herstellen eines Flugzeuges der Fünften Generation (Suchoi T-50) zielt, sondern auf das Maximieren von Fähigkeiten der Flugzeuge aus der Vierten Generation. So werden viele Flugzeuge entsprechend nachgerüstet und verbessert. Die Entwicklung eines Flugzeuges der Fünften Generation ist jedoch ebenfalls in Arbeit. Der erste Prototyp ist bereits 2010 geflogen, und wie die Gegenstücke der Fünften Generation besitzt dieser Stealth-Eigenschaften. Daneben wird die Entwicklung einer modernen Hubschrauberflotte vorangetrieben.

Die immer noch brauchbaren, aber in die Jahre kommenden Mil Mi-24 sollen durch Mil Mi-35M, Mi-28N und Kamow Ka-52 ersetzt oder ergänzt werden. So sollen bis zum Jahre 2015 300 Mi-28 in Dienst gestellt werden (50 bis 2010).[45] Dabei wird der Mi-28N vermutlich die Rolle des Hauptkampfhubschraubers übernehmen und der Ka-52 den Sondereinheiten vorbehalten sein.

Schiffe

 
Russland verfügt über 11 Zerstörer der Udaloy-Klasse

 

Nach den Wirren und der katastrophalen Lage der 1990er Jahre befindet sich die Flotte gerade in einer großangelegten Modernisierungphase. Dabei sollen bis zum Jahr 2015 etwa 45 % der Ausrüstung ersetzt werden [46]. 25 % der den Streitkräften zur Verfügung gestellten Summe sollen explizit in die Modernisierung der Flotte fließen.

 

Schon die Sowjetische Marine maß Flugzeugträgern vergleichsweise geringe Bedeutung bei. Das kann hauptsächlich daran liegen, dass in der großen maritimen Aufrüstungsphase der 1960er und 1970er Jahre die sowjetische Führung zu der Meinung gelangt war, die Flugzeugträger seien an ihrem Preis-Leistungs-Verhältnis gemessen zu verwundbar, als dass sich eine Aufholjagd auf die in diesem Bereich weitaus erfahreneren USA lohnen würde. Deswegen besitzt Russland nur noch einen von lediglich zwei Flugzeugträgern der Roten Flotte - die Admiral Kusnezow. Die meisten anderen flugzeug- bzw. hubschraubertragenden Schiffe wurden entweder verkauft oder verschrottet.[48] Neuanschaffungen sind erst nach 2015 geplant. Dagegen befinden sich mehrere strategische und konventionelle U-Boote im Bau. Außerdem durchlaufen viele Schiffe größere Modernisierungsmaßnahmen. Trotz alldem bleibt die russische Marine noch immer weit unter dem Standard der sowjetischen Seekriegsflotte.

Raketen

Aktuell ist nach mehreren erfolgreichen Testabschüssen die Umrüstung von alten SS-18 und SS-19 auf die entwickelte R-24 (SS-X-29) geplant

 

Militäranlagen im Ausland

Heute befinden sich schätzungsweise 25 russische Militärstützpunkte in neun ehemaligen Sowjetrepubliken. Dabei werden vor allem drei strategische Schwerpunkte gebildet: das Aufrechterhalten des Einflusses in Zentralasien in Konkurrenz zu China, die Einflussnahme auf die südliche Region, insbesondere den Kaukasus und ein Gegensteuern gegen die Ost-Expansion der NATO durch eigene Basen in Weißrussland. Die wichtigsten Stützpunkte im Ausland sind:

Land Militärbasis Truppenstärke, Einheit
Abchasien (Georgien) Gali und Gudauta Militärbasen, stationiert sind 1.300 Soldaten der Grenztruppen Russlands
Armenien Jerewan 426. Luftwaffengruppe
Armenien Gjumri 127. motorisierten Schützendivision;
mit dem Standort Jerewan sind rund 3200 Soldaten in Armenien stationiert, siehe auch: Gruppe der Russischen Streitkräfte in Transkaukasien
Aserbaidschan Qəbələ Radarstation Qəbələ, wo Einrichtungen der Weltraumtruppen und der 37. Strategischen Luftarmee (Fernflieger) mit rund 900 Soldaten angesiedelt sind.
Kasachstan Sary-Schagan Raketenstartplatz und Übungsgelände
Kasachstan Baikonur Weltraumbahnhof
Kirgisistan Kant Militärflugplatz mit einer großen Zahl schnell luftverlegbarer Einheiten und der 5. Luftarmee sowie rund 700 Soldaten
Moldawien Tiraspol Operationsgruppe der russischen Streitkräfte, ehemals 5. motorisierte Gardeschützenbrigade. Insgesamt rund 1.500 Soldaten für Friedensmaßnahmen in Transnistrien und zum Schutz eines Munitionsdepots
Südossetien (Georgien) Dschawa und Zchinwali Militärbasen, stationiert sind 1.200 Soldaten der Grenztruppen
Syrien Tartus Logistikeinrichtung der Marine mit 150 Soldaten
Tadschikistan Okno Satellitenkontrollzentrum
Tadschikistan Duschanbe, Kulob und Qurghonteppa 201. motorisierten Schützendivision und der 670. Luftwaffengruppe auf der Luftwaffenbasis Ayni. Insgesamt rund 5.000 Soldaten.
Ukraine Sewastopol Basis der Schwarzmeerflotte mit rund 13.000 Soldaten
Weißrussland Baranawitschy Einrichtungen der Weltraumtruppen und der 37. Strategischen Luftarmee mit 800 Soldaten
Weißrussland Wilejka Längstwellensender Wilejka

 

Eine Besonderheit stellt Kirgisistan dar. Es erlaubt als einziges Land sowohl den USA als auch Russland das Betreiben von Militäreinrichtungen auf seinem Gebiet. Sowohl eine große US- als auch eine große russische Einrichtung befinden sich in unmittelbarer Nähe der Hauptstadt.